Geschichte
Einführung
Kennzeichen von Barnhaven sind ein Dreiklang an Farben, beschwingter Anmut und einem Hauch von Duft.- Florence Bellis, Gardening and Beyond, 1986
Barnhaven wurde in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts gegründet und die Zucht und Auslese erfolgt bereits von den vierten Eigentümern. Begonnen hat alles mit ein paar Päckchen Primelsamen, die eine visionäre Dame im US-amerikanischen Staat Oregon fast zufällig gekauft hatte. 30 Jahre später überquerte ein etabliertes Unternehmen den Atlantik, um sich erst im Lake District Nordenglands, und später auf der anderen Seite des Ärmelkanals in einem kleinen Dorf der Bretagne in Frankreichs Nordwesten niederzulassen. Es ist eine einzigartige Geschichte, durch die sich die Begeisterung für Primeln wie ein roter Faden hindurchzieht, und bei der alle aufeinanderfolgenden Eigentümer von der Faszination dieser erstaunlichen Pflanzen angesteckt worden sind.
Jeder dieser Eigentümer hatte natürlich seine eigene Vision und Interessen, aber bei mehr als 400 Arten und Tausenden von Sorten ist für jeden etwas dabei! Jeder von ihnen wollte aber Florence Bellis’ Erbe weiterführen, nämlich den Traum von der reinen Farbe und perfekten Form. Und jeder von Ihnen hat die Herausforderung mit viel Begeisterung und Geduld auf sich genommen, und daran geglaubt, dass es wichtig ist, den ersten Zuchtlinien der Firmengründerin treu zu bleiben, und gleichzeitig auch neue Stämme und Farben hinzuzufügen.
Florence Bellis
Florence Hurtig wurde 1906 in New Orleans im Süden der USA geboren, zog aber später mit ihrer Familie weiter nordwestlich nach Oregon, wo ihre Mutter eine Gärtnerei betrieb. Ausgebildet als Pianistin kam ihr 1929 die Weltwirtschaftskrise in die Quere, sodass sie diesen Berufsweg nicht weiter verfolgen konnte und weder Arbeit noch Geld hatte, wozu dann auch noch gesundheitliche Probleme kamen. So beschloss sie, mit Ihrem Ehemann Lou Levy in eine zugige alte Scheune zu ziehen, die einem wohlhabenden Bekannten gehörte. Dies ist die Beschreibung, als sie diese das erste Mal sah: "Die Scheune sah unmöglich aus mit ihrem ockerfarbenen Anstrich, der schon überall abblätterte, aber unter diesen Umständen erschien sie uns als das Schönste auf der Welt. War Sie doch unsere Zuflucht, und als ich den Bach überquerte und in die schmale Auffahrt einbog, überkam mich das seltsame Gefühl, dass ich meine Bestimmung gefunden hätte.” Tatsächlich entstanden hier später die Gärten von Barnhaven, und wurde die Scheune (englisch: "barn") und deren Rolle als Zufluchtsort (englisch: "haven") zur Namensgeberin unseres Unternehmens.
Den Erzählungen zufolge beschloss Florence, ihre letzten $5 für ein paar Päckchen Samen der englischen Firma Sutton Seeds auszugeben, die sie im Katalog eines Freundes gesehen hatte. Sie hatte keinerlei Vorkenntnisse über das Pflanzen von Primeln, dafür aber eine ordentliche Portion Glück, sodass ihr eine hervorragende Keimung gelang, nachdem sie die Samen im Frühjahr ausgesät hatte. Die Sämlinge pflanzte sie dann hinter der Scheune unter die Erlen entlang des Baches. Ein Jahr später erstrahlten mehr als Tausend Blüten – weiße und gelbe des Munstead-Stammes und rote von Suttons "Brilliance and Crimson King". Dies sprach sich schnell herum, und es begannen Besucher zu kommen, sodass sie damit anfing, Pflanzen für den Verkauf zu züchten. Bald sandte sie auch Rundbriefe mit selbst gemalten Illustrationen aus. Der poetische Stil des Kataloges (sie vergaß sogar, die Preise anzugeben!) wurde ein Markenzeichen von Barnhaven. Da ihr Interesse an Primeln zunahm, befasste sie sich an der Oregon State University eingehender mit dem Thema und veröffentlichte dann eine Reihe von Artikeln im Oregon Journal. Dies führte 1941 zur Gründung der "American Primrose Society" (amerikanische Primelgesellschaft), und sie war 9 Jahre lang leitende Redakteurin der Zeitschrift dieser Liebhabergesellschaft. Bis heute bestehen enge Verbindungen zwischen Barnhaven und der "American Primrose Society".
Gleichzeitig baute sie die Pflanzenvermehrung und Verkaufsgärtnerei aus und nannte das Unternehmen Barnhaven. Florence bestäubte ihre Blumen von Hand, nachdem sie sie kastriert hatte - eine Methode, die in kommerziellen Betrieben kaum verwendet wurde, für die sie aber keine Pinsel benötigte und auch nicht sterilisieren musste. Ihre Methode wird bei uns auch heute noch in gleicher Weise angewandt.
Unter den ersten, aus Suttons Seeds hervorgegangenen Sämlingen waren ein "Chinese red Polyanthus" mit einem kleinen Goldstern in der Mitte und einem nahezu schwarzen Stiel. Diese Primel wurde "Kwan Yin" genannt, da ihre elegante Form und Anmut an die chinesische Göttin der Barmherzigkeit erinnerte. Ihr Blütenstaub wurde dazu verwendet, mehrere Polyanthus-Stämme hervorzubringen. Durch rigorose Auslese und Handbestäubung erschuf Florence Bellis viele andere Stämme, wie zum Beispiel ihre "Marine Blues". Diese Stämme wurden als "Silberdollar-Primeln" bekannt, weil jede ihrer Blüten mindestens so groß wie eine Dollarmünze war. Das einzig fremde Erbgut kam von Linda Eickmans pinkfarbener Polyanthus-Primel, die über zehn Jahre hinweg in den "New Pinks"-Stamm hineingezüchtet wurde, woraus der berühmte "Cowichan"-Stamm hervorging, der 1949 erstmals als Pflanze und Saatgut angeboten wurde. Der Name basiert auf der Herkunft aus Cowichan Station, einer kleinen Ortschaft nahe Victoria, Kanada. Florence gelang es, etwas Pollen zu erhalten und ein Sortiment an winterharten Cowichan-Primeln einzuführen. Ihr Werk umfasste auch viele kuriose Primeln, Primula Juliae-Hybriden, Goldlaced- und gefüllte Primeln.
Florences erste Ehe scheiterte Mitte der 50er-Jahre, aber dann lernte sie Bob Bellis kennen und heiratete ihn 1959. Als Bob 1966 starb, war sie am Boden zerstört und beschloss, sie könne den Zuchtbetrieb nicht weiterführen. Was an Samen noch da war, sandte sie an Jared and Sylvia Sinclair im englischen Brigsteer. Als Florence beschloss, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen, war Barnhaven weltberühmt. Aber Florence hatte mit der Staudengärtnerei sehr wenig Geld verdient, sodass sie in einem kleinen Naturkostladen arbeiten musste, solange sie dies noch konnte. 1987 ist sie sanft entschlafen.
Jared und Sylvia Sinclair
Als Florence Bellis ihren Samenbestand 1966 an die Sinclairs sandte, war ein Zettel beigefügt, auf dem lediglich stand: "Für Euch – bringt sie durch oder bringt sie um!". Eher hätte sie ihr Saatgut vernichtet, als dass es den kommerziellen Saatgutunternehmen in die Hände gefallen wäre. Sie wollte, dass das Saatgut zurück nach England geht, dort, wo seine Ursprünge gewesen waren, und hatte deshalb die Sinclairs ausgesucht, ihr Lebenswerk fortzuführen.
Für Sinclairs, die bisher nur Kunden waren, brachte dies eine unerwartete Wende. Bisher hatten sie vor allem Schnittblumen für den örtlichen Blumenmarkt angebaut, aber Sylvia verfügte über einen Hochschulabschluss in Gartenbau, sodass sie und Jared die Aufgabe mit Begeisterung übernahmen. In ihrem Gartenbaubetrieb in Brigsteer, einem Dorf im Lake District Nordwestenglands, mussten schnelle Veränderungen erfolgen, wie das Errichten von Bestäubungshallen und das Anpflanzen von Bäumen, um eine stärkere Beschattung zu erzielen. Sie führten die Tradition der Handbestäubung fort, indem sie Pflanzen im Freiland auswählten, sie ausgruben und in die Bestäubungshallen verpflanzten, die auf allen Seiten für Wind und Wetter offen waren. Nach der Bestäubungszeit wurden die Pflanzen wieder im Freiland ausgepflanzt, um dort bis zur Ernte im Juli ihre Samenkapseln auszureifen. Dieser Prozess war jedoch zu zeitraubend, und es wurde dazu übergegangen, die Töpfe die gesamte Saison über auf Tischen stehen zu haben.
Für Ihre Qualität wurden sie in Gärtnerkreisen immer bekannter. Einerseits wurden die ursprünglichen Linien von Florence beibehalten, andererseits aber auch viele neue Stämme eingeführt. Hierzu gehörten Ramona, Rustic Reds, Mexico, Reverie, Flamingo, Paris 90, Midnight, Daybreak, Limelight, Fuchsia Victorians, Harbour Lights, Valentine Victorians, Yellow Cowichans und Casquet. Hierbei arbeiteten die Sinclairs umfassend an gefüllten Aurikeln, und begannen mit den einfachen Aurikeln und den Primula Juliae-Hybriden ("Julianas") fast noch einmal ganz von vorne. Ihre größte Errungenschaft war der neue Stamm der Siebold-Primel (Primula sieboldii), die immer Jareds Lieblingspflanze war.
Ihre Kataloge erfreuten sich allseits großer Beliebtheit, vor allem wegen Jareds blumigem Schreibstil.
Zum Entsetzen des großen Freundeskreises aus Gärtnern, Kunden und Bewunderern gaben sie bekannt, dass sie sich 1990 zur Ruhe setzen wollten. Leider verstarb Sylvia 1996 und Jared im Juli 1998.
Angela und Keith Bradford
Angelas Eltern zogen nach Brigsteer, und wegen ihres Hobbies, dem Gärtnern, und ihrem Interesse an nostalgischen Blumen, lernte sie vor Ort die Sinclairs kennen. Von diesen wurde sie über einen längeren Zeitraum hinweg in die Geheimnisse der Primel- und Polyanthus-Zucht eingeführt, und als sie sich zur Ruhe setzten, übernahm sie deren Spezialgärtnerei. Angela, damals Bibliothekarin von Beruf, und Ihr Ehemann Keith verbrachten einige Zeit damit, in England einen geeigneten Standort für das Unternehmen zu finden, fanden dann aber nach einem Urlaub in Frankreich das ideale Gelände dort, in der Nähe des Dorfes Plouzélambre in der Bretagne. Es war ein typisches Bauernhaus, circa 6 km vom Meer entfernt, mit ausreichend Land für eine Staudengärtnerei und mit eigener Quelle. Der Umzug erfolgte im Januar 1990 und die erste Aussaat erfolgte im März desselben Jahres.
Angela führte die Produktion von Primelsaaten in höchster Qualität erfolgreich fort, und entwickelte ein Zuchtprogramm für die nächsten 10 Jahre. Sie führte sowohl viele der ursprünglichen Linien weiter, die Florence Bellis und die Sinclairs eingeführt hatten, arbeitete aber auch intensiv an den Double Primroses (gefüllten Primeln) und einem neuen "Gilded Ginger"-Stamm. Und um mit der Entwicklung Schritt zu halten, war Barnhaven jetzt auch auf dem Internet vertreten und Angela gab das englischsprachige Buch The Barnhaven Book heraus (derzeit vergriffen). Im Jahr 2000 war sie jedoch aus gesundheitlichen Gründen gezwungen, das Unternehmen schweren Herzens abzugeben.
Folientunnel zur Zeit von Angela Bradford
Lynne und David Lawson
Wir lernten Angela und Keith kennen, als wir 1991 nach Frankreich zogen, da wir zufällig im gleichen Dorf ein Haus kauften. Wir begannen, in der Gärtnerei zu helfen, und beteiligten uns ein paar Jahre lang am Bestäuben, Eintopfen, Aussäen usw., und wurden allmählich "süchtig". Als Angela uns fragte, ob wir die Primelgärtnerei ab Sommer 2000 übernehmen könnten, waren wir begeistert, uns aber auch der Bürde der auf uns zukommenden Verantwortung bewusst. Wir verlegten den Züchtungsbetrieb ein paar Kilometer weg nach Keranguiner an einen neuen Standort, bei Plestin-les-Grèves.
Angela half in der Anfangszeit noch sehr stark mit, und steht auch heute noch für Ratschläge zur Verfügung. Wir haben die rigorose Selektion und manuelle Bestäubung der Pflanzen unserer Vorgänger beibehalten, um die Linien rein zu halten, und auch wir fügen immer wieder neue Stämme hinzu. Unser Primel-Spezialbetrieb verfügt über zwei Schattenhallen und zwei Folien-Großtunnels mit Seitenlüftungen und zusätzlichen Schattierungsnetzen, damit die Pflanzen nicht zu heiß werden und ausreichend Luft bekommen. Dies bedeutet, dass sie fast unter Freilandbedingungen aufwachsen, aber trotzdem ausreichend geschützt, um die Bestäubung/ Teilung durchführen zu können (ohne dass wir oder die Samenkapseln nass werden). Die Schau- und Alpenaurikel werden in einem der offenen Folientunnels herangezogen, damit sie gut geschützt sind. Alle unsere Pflanzen wachsen in Töpfen heran, die auf Tischen oder direkt auf Matten stehen.
David ist vom Aurikel-Fieber befallen und hat in Barnhaven nach und nach ein Schauaurikel-Sortiment eingeführt. Es macht ihm Spaß, diese "Show Collection" weiter auszubauen und andere an seiner Begeisterung für diese außergewöhnlichen Blumen teilhaben zu lassen. Er ist durch seinen komischen britischen Akzent, seinen komischen Hut und seine schönen Arrangements auf französischen Blumenausstellungen wohl bekannt.
Lynne hat das Primel-Zuchtprogramm praktisch im Alleingang übernommen und Hunderte neuer Primeln mit Füllung und neuer Stämme wie "Tango" entwickelt, und gleichzeitig den ursprünglichen Barnhaven-Genpool erhalten.
Über die letzten 10 Jahre hinweg haben wir unsere Pflanzenumsätze sowohl in Frankreich als auch in der ganzen Welt erheblich gesteigert und sind jetzt auf fast jeder großen französischen Blumenschau vertreten. Dort haben wir auch schon einige Preise gewonnen. Manchmal haben wir das Gefühl, dass wir Frankreich die Primel in der gleichen Weise nahebringen wie Florence Bellis es damals für Amerika tat. Bei den Ausstellungen hören wir ziemlich oft: "Dann sind also Primeln gar nicht immer gelb …!’ und freuen uns natürlich jedes Mal, wenn Kunden im nächsten Jahr wiederkommen und noch mehr davon haben möchten, und begeistert davon berichten, wie toll sie in ihrem Garten wachsen.
2005 bekamen wir vom französischen Konservatorium für spezialisierte Pflanzensammlungen ("Conservatoire des Collections Végétales Spécialisées", CCVS) für unsere Sammlung an Barnhaven-Hybriden den Status einer Nationalen Sammlung ("Collection Nationale") zuerkannt.
2011 waren wir dann sehr glücklich darüber, dass unsere Tochter Jodie und ihr Ehemann Rob beschlossen haben, zu uns in die Bretagne zu kommen und uns mit dem wachsenden Arbeitsaufkommen zu helfen. Sie haben auch vor, das Unternehmen in ein paar Jahren zu übernehmen, wenn wir in den Ruhestand gehen. Wir sind uns sicher, dass es uns gemeinsam gelingen wird, den weltweiten Ruhm von Barnhaven nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern auch von hier aus in die Zukunft zu tragen.